Genau fünfzehn Minuten dauerte es, bis der erste BH auf die Bühne flog: The Baseballs brachten am Dienstag ein Stückchen Rock ‘n’ Roll zurück in die Muffathalle.
So viel Testosteron spürt man sonst nur beim WWE SmackDown. Das liegt einerseits an der überraschend hohen Zahl an männlichen Gästen, andererseits an der geballten Power der sieben Jungs auf der Bühne. Im Vordergrund: Basti, Sam und Digger, besser bekannt als The Baseballs. Dahinter: ihre vierköpfige, absolut fantastische und akrobatisch hochbegabte Band.
Sie legen ohne Umschweife, sprich ohne Vorband, los. Ein Warm-Up ist
auch nicht nötig. Der klassische 50s-Takt geht sofort ins Bein. Platz
zum Tanzen ist leider nicht da, deshalb begnügt man sich mit
ausschweifendem Hüftgewackel.
Besser können es die Kerle auf der Bühne. Es braucht gerade mal fünfzehn
Minuten, bis ihnen der erste Spitzen-BH entgegenflattert. Ein bisschen
irritiert hängen sie ihn an das Schlagzeug, dann wird weitergemacht.
The Baseballs gehören zu den wenigen Bands, die live besser sind als
auf jeder Platte. Ihre Performance spielt da sicher mit rein. Sie sind
bis zur Perfektion hochstilisiert. Haartollen, enge Jeans, Lederjacken.
Und der Hüftschwung. Den beherrscht allerdings nur Sam richtig gut. Der
Münchner würde ihn als “Mannsbild” bezeichnen, ein Berg von einem Mann.
Digger, der auf den schönen Namen Rüdiger getauft wurde, deckt die
Kulleraugenspalte ab, und Basti ist offenbar der Witzbold der Truppe.
Sie erfüllen sämtliche mögliche weibliche Fantasien, das dürfte ihr
Erfolgsrezept sein. Die Stimmung ähnelt einem Elvis-Konzert in den
1950er Jahren. Kreischende, dehydrierte Fans aller Altersklassen, von 16
bis 66 ist alles vertreten. Es ist aber auch eine Wahnsinnsidee:
aktuelle Songs mit Rock ‘n’ Roll covern, meistens sogar verbessern.
Rihannas Umbrella wirkt recht fad gegen die Version der Baseballs.
Aber: sie sind zu sauber. Das Konzert läuft zu perfekt, zu
durchgetaktet. Zwar wird brav mit den Fans interagiert, dennoch bleibt
eine etwas gezwungene Atmosphäre. Sie sind einfach zu brav. Sagen wir es
so, der durchschnittliche Familienvater hätte kein Problem damit, sein
Töchterchen alleine auf eines ihrer Konzerte zu schicken, Hüftschwung
hin oder her. Sie wirken ein bisschen wie aus der Coca-Cola-Werbung,
süß, aber ein bisschen zu schmalzig. Schade eigentlich, manche mögen’s
ja doch dirty.
Nichtsdestotrotz sind sie erwachsen geworden. Seit ihrem
Karrierestart 2009 hat sich einiges getan, ihr Stil hat sich verändert,
mittlerweile schreiben sie auch selbst Songs. Richtig gute, übrigens.
Aus einem kleinen Zelt auf der Tollwood 2010 wurde 2014 eine volle
Muffathalle, aus einem Echo zwei, aus nationalem ein
internationales Publikum. Ihre Shows mögen durchgeprobt sein, ihre
Auftritte sind trotzdem sehr sehenswert. Für zwei Stunden gaben sie
München ein Stückchen Rock ‘n’ Roll zurück.
Besucht ihre Website unter www.thebaseballs.com
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