Herrlich idyllisch könnte das Leben sein. Und so rauscht aus dem Gestein, welches Bühnen- und Kostümbildner Davy van Gerven ins Volkstheater verfrachtet hat, auch laut plätschernd das Wasser heraus. Aber genau wie Franz Woyzecks Leben ist auch der Fels nur eine hübsche Attrappe. So schlägt sich Woyzeck (Sohel Altan G.) als Versuchskaninchen für den Herrn Doktor (Pascal Fligg) durch, isst monatelang nur Erbsen und lässt sich bis zum Erbrechen erniedrigen. Alles für seine Marie (Magdalena Wiedenhofer) und das ungeborene Kind.
© Gabriela Neeb |
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Sohel Altan G. ist hier in seiner ersten Hauptrolle zu sehen und beweist mit Bravour, dass er dieser gewachsen ist. Sein Franz Woyzeck ist ein verängstigter Phobiker, ständig am Zittern, nicht fähig, seine Geliebte zu berühren. Wie ein geschlagener Hund krümmt er sich, lässt die zahlreichen Demütigungen wortlos über sich ergehen, und nur, als das Verhältnis von Marie offen gelegt wird, entgleitet ihm ein einziger, verzweifelter Schrei, dann sackt er wieder in sich zusammen.
Karaca und sein Dramaturg David Heiligers haben auch ihrerseits Fragmente aus Büchner-Werken entnommen und sie in diese Inszenierung eingefügt. Die leidenschaftliche Liebe aus Leonce und Lena und diverse Zeilen aus dem Lenz, die der Idiot Karl (Okan Cömert) weise dazwischenstreut. Ganz weiß ist er, mit dämonisch roten Augen, und dennoch hat er das unschuldige Lächeln eines Kindes und verteilt seine Lebensweisheiten wie Brot an Tauben. Man möchte mehr von diesem jungen Schauspieler sehen, den sich das Volkstheater vom Max Reinhardt Seminar in Wien ausgeborgt hat, ebenso wie Silas Breiding, der den Hauptmann verkörpert. Dieser ist bei Breiding nicht etwa zackig und regelkonform, sondern nahezu hysterisch entspannt und spuckt noch einmal in den verschütteten Wein, bevor er Woyzeck anweist, diesen aufzulecken.
Wie viel Erniedigung erträgt der Mensch? Woyzeck schluckt viel bitteren Spott, bis er explodiert — Marie stirbt, so will es Büchner, durch einen Messerstich. Dass sie dabei das ungeborene Kind noch im Leibe trägt, das ist die Gemeinheit, die uns der Regisseur zumutet; wieso das Kind allerdings nie, wie vorgegeben, geboren wurde, bleibt unklar.
Alles in Allem eine nicht immer stimmige, dennoch sehenswerte Inszenierung, getragen durch ein ehrgeiziges Ensemble und wenig Schnickschnack.
Weitere Vorstellungen am 23.11., 07.12., 08.12., 09.12.
Karten ab 8,50€
Informationen und Spielplan unter www.muenchner-volkstheater.de
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